Dark Tourism in Japan – die düstersten Reiseziele

Dark Tourism in Japan – die düstersten Reiseziele

Urlaub in Japan muss nicht immer von Anime, Robotern, schrägen Cafés oder religiösen Stätten gekennzeichnet sein. Das Interesse für Dark Tourism in Japan steigt, denn Touristen wünschen sich oft Abwechslung von den üblichen Erlebnissen und sehnen sich nach interessanten Geschichten abseits der Menschenmassen.

Zum Glück der Anhänger des düsteren Tourismus hat das Land sehr viele Ausflugsziele zu bieten, an denen du die teils schlimme Vergangenheit des Landes wiederentdecken kannst. Diese reicht von Kriegsverbrechen bis hin zu Naturkatastrophen und gesellschaftlichen Problemen, die das Land heute noch bedrücken.

Wenn du dich ebenfalls für außergewöhnliche Orte interessierst, solltest du dir unsere Auswahl der besten Orte für Dark Tourism in Japan durchlesen. Aber sei gewarnt, ab hier gilt eine offizielle Trigger‑Warnung für die folgenden dunklen Themen wie den Tod. Bist du bereit?

Aokigahara

Aokigahara ist eines der bekanntesten Ziele für Dark Tourism in Japan. Der große Wald befindet sich in der Präfektur Yamanashi. Ein Besuch hierhin eignet sich gut, wenn du einen Trip zum Mt. Fuji machst. Denn er befindet sich am Fuß der Nordseite des Berges und erstreckt sich über 30 km². Er entstand um 864 n. Chr., als mehrere Vulkanausbrüche seine auffällige poröse Bodenstruktur verursachten.

Der Wald ist berüchtigt dafür, dass hier viele Menschen Suizid begehen. In alten Zeiten glaubten manche, dass hier ubasute praktiziert wurde. Dabei handelt es sich um einen Brauch, bei dem ein altes Familienmitglied zum Sterben zurückgelassen wurde. Jedoch behauptet die japanische Kodansha Illustrated Encyclopedia, dass es sich hierbei um eine Folklore handeln, die von der buddhistischen Mythologie beeinflusst wurde und nie wirklich üblich war.

In neuerer Zeit war der Wald Tatort für eine Vielzahl von Selbstmorden und Selbstmordversuchen. Laut Polizeiberichten gab es hier allein im Jahr 2010 247 Suizidversuche. In der Hoffnung, die Assoziation des Waldes mit diesen Tragödien zu minimieren, wurden seitdem keine offiziellen Zahlen mehr veröffentlicht.

Trotzdem gilt Aokigahara als heimgesucht von den yūrei, den Geistern der Menschen, die hier gestorben sind. Im Jahr 2007 überarbeitete die National Police Agency ihre Kategorisierung für die Gründe, die zu einem Selbstmord führen können, um zu verstehen, warum Menschen sich selber töten. Sie fanden heraus, dass der häufigste Grund Gesundheitsprobleme waren, was beides beinhaltet: physische und psychische Probleme.

Heute suchen Waldarbeiter und Freiwillige im Wald nach Suizidgefährdeten, um sie davon abzuhalten. An den Waldeingängen befinden sich außerdem mehrere Schilder, die auf die Familien der Betroffenen und auf Telefonseelsorge hinweisen.

Möchtest du Aokigahara besuchen, solltest du stets auf den Wanderwegen bleiben. Verhalte dich respektvoll der Natur und den Personen gegenüber. Wenn du magst, kannst du Zettel mit positiven Worten hinterlassen, die jemandem vielleicht helfen könnten.

Am Rande des Waldes befindet sich die Narusawa Eishöhle, eine Lavaröhre, die fast 140 m lang und etwa 21 m tief ist. Auch sie bildete sich durch den Fuji‑Ausbruch von 864. Die Temperaturen schwanken das ganze Jahr über zwischen -2 °C und +3 °C, weshalb du hier dauerhaft Stalaktiten aus Eis besichtigen kannst. Lass dir das nicht entgehen, wenn du schon einmal da bist!

Der Wald Aokigahara

Zōjōji-Tempel

In diesem Tempel in Tokio, ganz in der Nähe des Tokyo Towers, stößt du auf einen einzigartigen und düsteren Ort. Der Garten des Tempels ist nämlich mit jizō-Statuen gefüllt, die ungeborene Kinder darstellen.

Die Kinder, die die Statuen darstellen, gingen durch Fehlgeburten, Abtreibungen oder Totgeburten verloren und sollen beim Trauerprozess helfen. Die meisten Statuen sind mit Kleidung und Spielzeug geschmückt. Du kannst hier auch Opfergaben niederlegen, damit ihre Seelen sicher ins Jenseits gelangen.

Hashima

Hashima stellt eines der beliebtesten Ziele für Dark Tourism in Japan dar. Es handelt sich um eine knapp 1 km² große Insel, direkt vor der Küste Nagasakis. Sie ist wegen ihrer Form auch als Gunkanjima („Kriegsschiff‑Insel“) bekannt. Sie verzeichnete einst die höchste Bevölkerungsdichte der Welt, ist nun aber seit mehr als 40 Jahren komplett verlassen.

Hier waren bis 1941 unter anderem Zwangsarbeiter aus Korea dazu verpflichtet, Kohle aus der unterseeischen Mine abzutragen. Um die Arbeiter unterzubringen, wurden zehnstöckige Wohnkomplexe errichtet, dazu auch Schulen, Restaurants und Spielhallen. Bis 1950 wohnten hier erstaunlicherweise fast 6 000 Menschen – bis die Kohle ausging, und die Mine geschlossen wurde. Seitdem verfallen die Gebäude und sie werden von Pflanzen überwuchert.

Heute kannst du die Insel nur mit einer organisierten Tour erreichen. Pass auf das Wetter auf, denn bei Regen finden keine Touren statt.

Die Geisterstadt von Gunkanjima

Chinoike Jigoku

Chinoike Jigoku, was übersetzt „Teich der blutigen Hölle“ heißt, ist eine der neun einzigartigen heißen Quellen in Beppu. Sie ist besonders, weil sie durch das Eisenoxid am Boden des Teiches tiefrot gefärbt ist und blubbert mit ihren 78 °C ganz schön. Zum Baden ist das viel zu heiß.

Im frühen 8. Jahrhundert beschrieb eine Karte diese Region als den Standort, wo Sukunabikona (eine japanische Gottheit) in der Lage war, die Kranken zu gesundzumachen. Viele Jahrzehnte später wurde ihr nachgesagt, der Ort zu sein, an dem Samurais geheilt wurden, wenn sie im Krieg gegen die mongolische Armee verwundet worden waren.

Aber Chinoike Jigoku fällt mit seiner dunkelroten Farbe eher in die Sparte des Dark Tourism. Das blutgleiche Wasser wird nachgesagt, dass es an die Tore der Hölle im buddhistischen Glauben erinnern. Außerdem wurden hier ursprünglich Menschen gefoltert und anschließend zu Tode gekocht.

Ein Wellness‑Bad ist für dich zwar nicht drin, aber wie wäre es mit einer Creme, die aus dem Schlamm hergestellt und hier verkauft wird?

Mimizuka

Ein Ort, der ebenfalls an die Kriegsverbrechen Japans gegen Korea erinnert, ist Mimizuka („Ohren‑Hügel“). Er befindet sich in einem ruhigen Wohnviertel in Kyoto. Es handelt sich um einen mit Gras bewachsenen Hügel mit einem steinernen Denkmal. Darunter wurden abgeschnittene Nasen und Ohren von geschätzten 38 000 Koreanern aus einem Krieg im 16. Jh. begraben.

Während der Invasion Koreas sollten Köpfe der Feinde als Trophäen nach Japan gebracht werden. Da dies logistisch unpraktisch war, wurden stattdessen nur die Ohren und Nasen mitgenommen. Eine Erinnerung an die wahrlich grausame Geschichte der japanischen Kolonialzeit, abseits der Touristenströme Kyotos.

G-Cans Project

In der Stadt Kasukabe in der Präfektur Saitama befindet sich ein ziemlich außergewöhnlicher Ort. Die Rede ist von einem riesigen unterirdischen Entwässerungs- und Kanalisationssystem, das offiziell Metropolitan Area Outer Underground Discharge Channel heißt. Die japanische Regierung ließ es 1992 bis 2009 erbauen, um Tokio vor Überschwemmungen zu schützen.

Der Tunnel erstreckt sich über 100 km, doch das beeindruckendste daran sind die 59 mächtigen Pfeiler, die die fünf 65 m hohen Kavernen stützen. Sie erinnern an die Architektur einer Kathedrale. Während der Trockenzeit werden hier touristische Führungen angeboten. Falls du Höhenangst hast, ist das jedoch wahrscheinlich nichts für dich.

Matsuo Mine

Wenn dich mehr Geisterstädte interessieren, könnte dir die Matsuo Mine gefallen. Die Stadt in der Präfektur Iwate wurde erbaut, um die Arbeiter der Schwefel- und Eisenmine Matsuos unterzubringen. Der Wohnkomplex aus Beton beherbergte einmal knapp 13 600 Arbeiter und galt damals wegen seiner Zentralheizung und spülbaren Toiletten als luxuriös.

Dort gab es ähnlich wie auf Hashima Schulen, ein Krankenhaus und ein Kino. Sie wurde sogar als „Paradies über den Wolken“ bezeichnet! Die Wolken bezogen sich jedoch nur auf den Schwefelnebel, der die Stadt umgab.

Die Matsuo Mine stellte 1969 ihren Betrieb ein und hinterließ eine Geisterstadt. Die dem Verfall überlassenen Gebäude verleihen der Stadt ein postapokalyptisches Flair. Durch die Berge und den Nebel ist die Stadt isoliert, weshalb sie bei Reisenden nicht bekannt ist.

Nagoro

Das Dorf Nagoro in der Präfektur Tokushima schrumpfte angesichts der Überalterung und Stadtflucht Japans stetig – doch dank einer lokalen Künstlerin, ist es nun ein beliebter Ort für den Dark Tourism in Japan.

Ayano Tsukimi zog sich in ihrem Geburtsdorf Nagoro zurück. Sie musste sich mit dem langsamen Sterben der Leute ihres geliebten Dorfes auseinandersetzen. Nachdem sie eine Vogelscheuche gebastelt hatte, die ihren verstorbenen Vater darstellte, hatte sie eine Erleuchtung. Sie begann, lebensgroße Puppen herzustellen, die die früheren Einwohner darstellten. Diese stellte sie für ein Jahrzehnt lang überall im Dorf auf – heute gibt es etwa 350 davon.

Wenn du auf der Suche nach etwas bist, was du so schnell nicht mehr aus deinen Albträumen loswerden wirst, solltest du Nagoro unbedingt besichtigen.

Lucky Dragon and Atomic Tuna Memorial

Erwähnt man Atombomben‑Desaster, spricht man meistens von Hiroshima und Nagasaki. Die Städte haben auch einiges an Dark Tourism zu bieten, wir stellen dir aber etwas vor, was die meisten vergessen oder noch nie gehört haben.

Am 1. März 1954 staunte die Besatzung des Fischereischiffs Daigo Fukuryū Maru („Glücksdrache Nr. 5“) nicht schlecht, als sie im tropischen Nordpazifik einen feinen Schneefall feststellte. Der vermeintliche Schnee, der drei Stunden lang fiel, war jedoch warm.

In der folgenden Nacht wurden sie krank – der Schnee war eigentlich nuklearer Niederschlag. Dieser stammte von einer unterschätzten experimentellen US‑Detonation auf dem Bikini‑Atoll, die 1000‑mal stärker als die Bombe über Hiroshima war. Alle Menschen an Bord des Schiffs erlitten das Akute Strahlensyndrom und der erste Funker starb sogar sieben Monate später an den Folgen.

Das Schiff wurde bei der Rückkehr unter Quarantäne gestellt und schließlich in einer Tokioter Mülldeponie verschrottet. In den 1980er-Jahren wurde die Deponie in einen Park namens Yumenoshima („Trauminsel“) umgewandelt, um Land zu gewinnen. Die Anwohner beschlossen, das Schiffswrack in einem Museum auszustellen. Heute erinnert eine schlichte Tafel an die Schiffsladung mit 450 Tonnen verseuchtem Thunfisch.

Mt. Aso

Wir schließen mit einem der größten aktiven Vulkane der Welt ab: Der Aso in der Präfektur Kumamoto ist 1592 m hoch. Der Krater hat einen Umfang von über 120 km und beinhaltet fünf Berge, von denen der Mt. Nakadake der aktivste Vulkan ist. Auf seinem Gipfel, den du mit einer Luftseilbahn erreichen kannst, befindet sich ein See. Wenn der Vulkan aktiv ist, ist es natürlich aufgrund von Sicherheitsbedenken nicht erlaubt nah heranzugehen. Der letzte Ausbruch war übrigens erst vor Kurzem im Jahr 2021 und forderte ohne Vorwarnung viele Menschenleben.

Jedes Jahr wird der Berghang beim Aso‑Feuerfest in Form des Schriftzeichens für Feuer in Flamme gesetzt. Dies soll die Gräser um den Hang gesund halten. Die Stadt Aso befindet sich im Krater und die heißen Quellen sowie das geothermische Kraftwerk beziehen ihre Energie aus dem Vulkan. Für den Fall der Fälle gibt es in der Nähe des Kraters Betonbunker, deren Funktionalität allerdings fraglich ist.

Aufgrund der giftigen vulkanischen Gase, des schlechten Wetters oder der vulkanischen Aktivität ist der Krater öfter für Reisende geschlossen, also informiere dich im Voraus darüber.

Mt. Aso

Fazit

Wie du aus unserer Liste entnehmen kannst, ist Dark Tourism in Japan ziemlich beliebt. Es gäbe noch viel mehr, was wir dir erzählen könnten! Falls du dich für düstere Reiseziele, Geschichten und Legenden interessierst, solltest du das ein oder andere selbst besuchen.

Von traurigen Schicksalsschlägen bis hin zu kriegerischer Vergangenheit, du wirst hier überall etwas über die Gesellschaft, Denkweise und Geschichte Japans lernen. Worauf wartest du noch? Ein außergewöhnlicher Urlaub wartet auf dich!

Wenn du bei deiner Japan Rundreise diese Orte, die oftmals weit vom Schuss sind, einfacher erreichen willst, empfehlen wir dir den Japan Railway Pass.

Amina Rigotti

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