Zwischen Industrie und Natur in Samara
Samara ist eines dieser unterschätzten Reiseziele: Die Stadt strotzt nur so vor Kultur und Geschichte und bietet dennoch sehr viel Natur. Hier breitet sich die Wolga weit und frei aus und fließt an den Zhiguli-Bergen vorbei. Zudem haben hier viele große Kunstschaffende ihre Inspiration gefunden. Außerdem wurden von hier aus zahlreiche Raketen zum Kosmodrom geschickt.
Es gibt hier natürlich super viele Dinge für dich zu tun. Im verschneiten Winter sausen viele Menschen die schwindelerregenden Abfahrten auf Skiern und Brettern hinab. Oder sie laufen über die zugefrorene Wolga. Im Sommer hingegen genießen Reisende die eindrucksvolle Landschaft. Außerdem gibt es in Samara das ganze Jahr immer wieder besondere Feste.
In diesem Artikel verraten wir dir, welche Sehenswürdigkeiten du in und um Samara herum entdecken kannst. Die Stadt selbst ist zwar eine Industriestadt, bietet trotzdem genug für entspanntes Sightseeing. Das große Highlight ist jedoch die atemberaubende Natur rund um die Stadt.
Die Uferpromenade
Entlang des linken Ufers der Wolga befindet sich eine 5 Kilometer lange Fußgängerzone. Sie liegt im Zentrum von Samara. Genauer gesagt erstreckt sie sich zwischen der Lesnaja-Straße und dem Hafen von Samara.
Erbaut wurde diese Promenade ab den 1930er Jahren. Allerdings wurde sie immer nur in Etappen fertiggestellt. Aus diesem Grund unterscheiden sich die einzelnen Abschnitte teilweise stark voneinander. Insgesamt gibt es vier verschiedene Etappen. Die erste verläuft zwischen den Straßen Vilonovskaya und Nekrasovskaya. Die zweite zwischen der Studenchesky-Gasse und der Volzhsky-Allee. Der dritte Abschnitt verläuft von der Nekrasovskaya-Straße bis zum Samara-Flussterminal und die vierte von der Volzhsky‑Alleebis zu einer Schlucht im Nordwesten von Samara.
Der erste Abschnitt
Die Planungsarbeiten für den ersten Abschnitt der Uferpromenade von Samara begannen in den 1930er Jahren. Zuvor standen hier vor allem Holzhäuser, Lagerräume und Ställe – diese wurden für die nun entstehende Fußgängerzone abgerissen. Außerdem wurde das Flussufer erweitert und mit Bäume und Sträucher bepflanzt.
1940 wurde mit dem Bau der 1350 Meter langen ersten Etappe des Deiches begonnen. Doch es gab wegen des Zweiten Weltkriegs eine Unterbrechung von 1941 bis 1954. Entlang des Ufers wurde eine Stützmauer errichtet. Für die Auskleidung wurde Ural-Granit verwendet. Zudem wurde die neu entstandene Fußgängerzone mit Betonskulpturen und jungen Bäumen geschmückt.
Unter vielen dieser Bäume kannst du heute zahlreiche Cafés entdecken. Die sind perfekt, um entspannt einen leckeren Cappuccino zu trinken. Währenddessen genießt du nämlich einen herrlichen Blick auf die Wolga.
Der zweite Abschnitt
Die 1400 Meter lange zweite Etappe wurde zwischen 1958 und 1961 errichtet. Die Stützmauer in diesem Bereich wurde aus Stahlbeton hergestellt. Für die Treppen und Randsteine wurde Granit verwendet.
Der zweite Abschnitt ist ein 30 bis 60 Meter breiter Boulevard, geschmückt mit zahlreichen Parkbänken. Zudem gibt es seit der Rekonstruktion im Jahr 2011 auch einen Radweg.
Der dritte Abschnitt
Die dritte Etappe ist nichts anderes als eine Fortsetzung der ersten Etappe, die bis zum Hafen an der Wolga reicht. Nach dem Bau des neuen Flusshafengebäudes wurde dieser Abschnitt der Uferpromenade jedoch etwas angenehmer gestaltet. Das Territorium wurde landschaftlich gestaltet und mit einem Springbrunnen geschmückt.
Der vierte Abschnitt
Der Teil der vierten Etappe ist auch als Oktjabrskaja‑Ufer bekannt. Das Flussufer der Wolga hat an dieser Stelle eine starke Neigung. Deswegen wurde es in zwei nacheinander abfallende, terrassenförmige Flächen geteilt.
Auf diesem Teil der Promenade findest du auch das markante Wahrzeichen: das Ladya–Denkmal. Es hat die Form eines Bootes und wurde hier anlässlich des 400. Jubiläums von Samara im Jahr 1986 enthüllt.
Das Denkmal der Sojus-Trägerrakete
Dieses Denkmal ist den Raketenbauern von Samara gewidmet. Du findest es im Zentrum der Stadt in der Lenina-Allee, neben der Metrostation Rossiyskaya. Die Eröffnungsfeier fand am 1. Oktober 2001 statt und wurde zum 50. Jahrestag des ersten bemannten Raumfluges von Juri Gagarin abgehalten.
Das Denkmal besteht aus der intakten R-7 11A511 – du kennst sie wohl eher unter dem Namen Sojus. Diese ist 50 Meter hoch und wurde auf dem Gebäude des Weltraummuseums befestigt. Diese Rakete wurde 1984 gebaut und für das Training der Besatzung auf dem Kosmodrom Plesetsk verwendet.
Nachdem diese Rakete 1999 ihr Lebensende erreicht hatte, wurde sie in das Produktionswerk überführt. Dieses demontierte die Ausrüstung und stellte die Trägerrakete aus. Zudem wurde der Raketenkörper mit weißen und orangen Farben lackiert.
Das Museum, in dem die Rakete steht, wurde am 12. April 2007 eröffnet. Entworfen wurde es von den Architekten Zhukov und Checherin. Dort findest du Sammlungen von Mustern der Raketen- und Raumfahrtausrüstung. Zu dieser Ausstellung gehören auch Landesektionen von Yantar 4K1 und Resurs F1sowie Attrappen von Raketentriebwerken.
Der Stalinbunker
Dieser Luftschutzbunker ist ein unterirdischer Bunkerkomplex von 1942. Der Bunker wurde ursprünglich im Geheimen als alternatives Hauptquartier des russischen Diktators Joseph Stalin erbaut – für den Fall, dass Moskau von den Deutschen eingenommen wird.
Das Besondere ist, dass alle Baumaterialien über unterirdische Tunnelsysteme transportiert wurden. Somit haben selbst die Anwohner rund um den Bunker nie etwas von dem Bau mitbekommen. Zudem wurden alle beteiligten Bauarbeitenden zum Schweigen verpflichtet.
Der Stalinbunker befindet sich etwa 100 Meter südöstlich des Theaters der Samara-Akademie. Heute dient er jedoch nicht mehr als Luftschutzbunker, sondern als Sitz des Zivilschutzmuseums. Es ist noch nicht mal bekannt, ob Stalin diesen Bunker überhaupt jemals besucht hat.
Die St-Georgs-Kirche
Die evangelisch-lutherische St.-Georgs-Kirche in Samara wurde ursprünglich als römisch‑katholische Kirche erbaut. 1863 war sie schon fast fertig. Doch dann fand in Polen – das damals zum Russischen Reich gehörte – ein Aufstand statt. Daraufhin wurde alles verfolgt, was polnisch war. Da die katholische Kirche als typisch polnisch galt, wurde diese enteignet und die Kirche der lutherischen Gemeinde übergeben.
Die Kirchengemeinde in Samara konnte zunächst bis 1924 noch weitgehend ungehindert arbeiten. Doch von da an war diese immer stärkeren Repressalien ausgesetzt. Anfangs wurde die Kirche dann auch „auf Wunsch der Werktätigen“ endgültig geschlossen.
Seitdem wurde die Kirche zu völlig anderen Zwecken genutzt. Unter anderem diente sie als Lagerhalle. Dieses Schicksal teilte sie mit zahlreichen anderen Gotteshäusern in Russland. Zudem wurden viele Mitglieder der Gemeinde nach Sibirien, Kasachstan oder Mittelasien deportiert – ein öffentliches Gemeindeleben konnte deshalb nicht mehr stattfinden.
Nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion hat sich jedoch wieder eine evangelische Gemeinde gebildet. Außerdem gelangte die Kirche im Jahr 2010 nach einem Erlass des russischen Präsidenten Putin wieder in den Besitz der Kirchengemeinde.
Der Nationalpark Samarskaya Luka
Der Nationalpark Samarskaja Luka umfasst den größten Teil der Halbinsel, die durch die 180-Grad-Krümmung der Wolga beim Umfließen des Gebirges Zhiguli gebildet wird. Das Nordufer der Biegung liegt am Stausee Kuybyschew und das Südufer am Saratow-Stausee.
Der Park befindet sich in der Begegnungszone zweier geologischer Regionen: das Wolgahochland und das Unteren Wolgatiefland. Im Wolgagebirge – einer Hügellandschaft in der Osteuropäischen Tiefebene – befindet sich der Park am nordöstlichen Rand. Auf der anderen Seite der Wolga am linken Ufer befindet sich die Wolgatiefebene. Das ist ein tektonischer Trog aus Lehm und Sand. Der ist vom alten Kaspischen Meer übriggeblieben.
Der Park hat auch eine essenzielle kulturelle Bedeutung. Hier lebte eine Reihe von Völkern, die bis in die Antike zurückreichen. Zudem hat sich aus der aus der Artenvielfalt seiner nahegelegenen unterschiedlichen Lebensräume ein hoher Wert für die Wissenschaft ergeben. Zu den hier vorkommenden Pflanzengemeinschaften gehören unter anderem Steppen-Kiefernwälder, osteuropäische Laubwälder, Grasland und Auen. Die meisten der Bäume sind Laubbäume. Nadelbäume findest du überwiegend an den höheren Hängen und auf Kalkstein.
Bei Reisenden ist der Nationalpark Samarskaya Luka zuallererst als beliebtes Wander- und Erholungsgebiet bekannt. Für den Eintritt in den Park benötigst du allerdings ein Ticket. Das gibt es in zahlreichen Reisebüros in der Umgebung zu kaufen. Auch in Samara bekommst du es recht einfach.
Innerhalb des Parks kannst du zu zahlreichen Orte eine Wanderung unternehmen. Da wäre zum Beispiel den Molodetsky Kurgan. Das ist ein 200 Meter hoher Bergrücken. Er verläuft entlang der Wolga an der nordwestlichen Grenze des Parks. Aber auch der Deviat-Hügel – ein Kalksteinvorsprung am westlichen Ende des Molodetsky-Kamms – sowie der ihm gegenüberliegende Usinsk-Hügel sind tolle Ziele.
Außerdem befinden sich auf dem Gelände des Parks sechs Museen. Jedes davon widmet sich den kulturellen und natürlichen Besonderheiten des Nationalparks und seiner Geschichte. Eines der bekanntesten Museen ist das Haus von Ilya Repin. Es befindet sich im Dorf Schirjajewo am rechten Ufer der Wolga.
Fazit
Samara ist ein oft unterschätztes Reiseziel mit zahlreichen Sehenswürdigkeiten. Die meisten davon findest du entlang der Strandpromenade der Stadt. Die wurde über mehrere Jahrzehnte in insgesamt vier Etappen erbaut. Da jeder dieser Abschnitte einer anderen Zeit entstammt, wirst du so einige Unterschiede bemerken.
Samara war in der Vergangenheit eine der wichtigsten Städte bei der Erkundung des Weltraums. Hier wurden zahlreiche Raketen gebaut – darunter auch die weltbekannte Sojus. Mit der haben viele Kosmonauten für den Flug ins Weltall trainiert. Heute kannst du das ausgeschlachtete Gehäuse auf dem Dach des Weltraummuseums entdecken.
Außerdem befindet sich in Samara der Stalinbunker. Dieser wurde im Verborgenen für den Fall erbaut, dass Moskau in die Hände der Deutschen fällt. Denn dafür wollte man mit einem alternativen Hauptquartier vorbereitet sein. Heute findest du in diesem Bunker das Museum für Zivilschutz.
Das Beste in Samara ist jedoch die wundervolle Natur um die Stadt herum. Hier befindet sich auch der Nationalpark Samarskaja Luka. Darin kommen zahlreiche verschiedene Lebensräume zusammen: Das sorgt für eine außerordentlich hohe Vielfalt an Tieren und Pflanzen. Außerdem ist der Park ein hervorragendes Ausflugsziel für Wandernde!
Du siehst also: Es gibt wirklich viele tolle Sachen zu erleben und entdecken. Los geht’s!