Pampa – die Hauptstadt des argentinischen Nirgendwo
„Mitten in der Pampa“, „mitten in der Walachei“ oder „in Timbuktu“ – es gibt eine Reihe geflügelter Worte in der deutschen Sprache, die beschreiben sollen, dass man irgendwo im Nirgendwo ist. Wusstest du, dass es alle drei Orte auch in Echt gibt und sie nicht einfach ausgedacht sind? Während die Walachei eine Region in Rumänien und Timbuktu eine Stadt in Mali ist, lässt sich die Region Pampa mitten in Argentinien finden.
Das Gebiet Las Pampas ist auf den ersten Blick genau das, was man von der Hauptstadt des endlosen Nichts auch erwarten würde. Über ewige Sandböden mit wenig Pflanzen und landschaftlicher Abwechslung sieht man hin und wieder einzelne Tiere, die durch die Gegend streifen. Doch der Schein trügt, wenn man sich erst einmal mit der wirklich kargen und öden Region befasst. Wir klären auf, warum die Pampa zu den am meisten unterschätzenden Reisezielen gehört und warum das Sprichwort in Wahrheit nur bedingt Sinn macht.
Puerto Madryn als Ausgangspunkt
Buenos Aires, Rosario, Patagonien – Argentinien hat sehr viele berühmte Touristenziele zu bieten. Puerto Madryn und die nahegelegene Halbinsel Península Valdés stehen wahrscheinlich nicht unbedingt auf deiner Liste. Allerdings ist der Bereich mitten in der Pampa stark geprägt von der atemberaubenden Natur.
Das gesellschaftliche Leben findet hier fast ausschließlich in der mittelgroßen Stadt Puerto Madryn statt, etwas über 80 000 Einwohner leben hier. Allerdings gibt es direkt in der Stadt nicht viel außer der stillgelegte Eisenbahnstrecke und den ausgedienten Industriehafen zu entdecken. Vielmehr findest du hier alles, was du als Reisender benötigst: Supermärkte, Unterkünfte, Einkaufsmöglichkeiten und Restaurants.
Am besten reist du mit dem Bus aus argentinischen Großstädten an, einen Flughafen oder Passagierhafen gibt es nicht. Valdés ist ein weltbekanntes Naturreservat, das zum UNESCO-Weltnaturerbe erklärt wurde. Um die vielversprechende Halbinsel zu besuchen, buchst du am besten eine preiswerte Rundfahrt bei einer der vielen Reiseagenturen.
Die weite Ebene
Das gesamte Gebiet der Pampa erstreckt sich über 1,2 Millionen Quadratkilometer und umschließt viele argentinische Provinzen- Dazu gehören jedoch auch Teile von Uruguay und Brasilien, also die Region Río de la Plata. Am besten kann man die Landschaft mit der amerikanischen Prärie, dem australischen Outback und dem südafrikanischen High Veld vergleichen – endlose Weiten von Nichts außer Gräsern, Sandböden und einigen verlassenen Straßen.
Geografische Gegebenheiten
Das subtropische Flachland ist besonders interessant, da man sonst in Südamerika nur bergige Landschaften der Anden und den Regenwald des Amazonas erwartet. Eine Grassteppe mit verhältnismäßig wenig Vegetation und wenigen, abgezählten Tierarten ist hier recht überraschend. Genauso wie in Wüstenlandschaften oder dem bewaldeten Sibirien macht hier die grenzenlose Monotonie die Faszination der Region aus.
Auf Quechua, eine der indigenen Sprachen in Südamerika bedeutet der Name übrigens „Ebene“ oder „Feld“ und im Grunde bezeichnet es die Landschaft ganz gut – als riesengroßes, flaches Feld. Insgesamt ähnelt die Pampa den Trockenwäldern und den Dornbuschsavannen, die du weiter südlich in Patagonien findest.
Es gibt auch eine eigenständige Provinz in Argentinien, die Pampa heißt. Dieses Gebiet mit der Hauptstadt Santa Rosa deckt jedoch nur etwa ein Drittel der gesamten Region ab. Andere beteiligte Provinzen sind Chubut, Río Negro und die Provinz Buenos Aires.
Flora & Fauna
Charakteristisch für das Gebiet ist das Amerikanische Pampasgras, welches zu den Süßgräsern gehört. Es erinnert etwas an Schilf und kann eine Größe von bis zu drei Meter erreichen. Oft schimmert die Pflanze silbern in der Sonne, es gibt aber auch Arten mit gelblichem, weißem oder rötlichem Farbton. Der sandige Schwemmboden der Pampa eignet sich ausgezeichnet für das Wachstum des Grases.
Aufgrund der überschaubaren Bewachsung der Region leben nicht wirklich viele Tierarten hier. Allerdings sind die wirklichen Bewohner umso interessanter für die meisten Reisenden: Während der spanischen Eroberung im 16. Jahrhundert wurden Pferde und Rinder mit nach Amerika gebracht.
Hier fanden diese Nutztiere natürlich mehr als genug Futter, vermehrten sich rasch und verwilderten. Beide wurden fortan als Cimarrones bezeichnet. Leider sind diese wegen der spärlichen Vegetation weiter ins Landesinnere in die Region um Salta gezogen. Dort finden sich auch die wahren Gauchos, die heutzutage immer noch von der Rinderzucht leben. In der Pampa gibt es mittlerweile nur noch die Schafzucht.
Außerdem lebt in dem Gebiet der Pampafuchs und das Guanako, welches als unzähmbare Lama-Art gilt. In den Büschen kannst du auch Meerschweinchen, die Nagerart Viscacha sowie einige Maras (Pampashasen) entdecken. Am Himmel kreist der Kaninchenkauz, wohingegen der flugunfähige Nandu am Boden entlangläuft.
Speziell auf der Halbinsel Valdés gibt es dann noch einige endemischen Tiergattungen wie den Pinguin, den Seelöwen oder die Robbe. Allerdings bieten viele Touren auch Whalewatchprogramme in Küstennähe an. Hier gibt es Orcas, Delfine und natürlich einige Wale zu sehen – wenn man Glück hat und innerhalb der jeweiligen Saison da ist.
Klimatische Verhältnisse
Die Pampa gehört der Vegetationszone Subtropen an, allerdings ist die Durchschnittstemperatur mit rund 17 °C eher gemäßigt. Der Winter ist hier besonders kalt und sehr trocken, der Sommer verhältnismäßig heiß.
Allerdings gibt es auch einen kleinen Unterschied innerhalb der Region: Durch seine immense Größe wird das Gebiet in den feuchten Osten und den trockenen Westen geteilt. Ziemlich genau in der Mitte schlängelt sich die Gebirgskette Sierras Pampeanas.
Alle drei Areale unterscheiden sich etwas im Niederschlag. Die durchschnittliche Niederschlagsmenge der Pampa beträgt 800 Millimeter. Die perfekte Reisezeit unterscheidet sich von der besten Reisezeit für ganz Argentinien.
Aktivitäten vor Ort
Die Möglichkeiten eines abwechslungsreichen Freizeitprogramms sind recht begrenzt. Die meisten Backpacker kommen hier her, um die besonderen Tierarten zu sehen. Daher solltest du unbedingt eine geführte Wild-Watching-Fahrt buchen oder das Gebiet mit einem eigenen Mietwagen erkunden. Wanderungen durch die Eintönigkeit und Weitläufigkeit sind nicht unbedingt zu empfehlen, allerdings durchaus machbar.
Tierbeobachtungen sind auch im Atlantik eine gute Möglichkeit, die einzigartige Natur kennenzulernen. Daher kann auch besonders gut getaucht werden, um mit etwas Glück Wale oder Großfische zu sehen. Jedoch ist die karge Vegetation auch unter Wasser vorhanden.
Der Grund in diese abgelegene und isolierte Region zu fahren, ist unserer Meinung nach die Stille und Ruhe. In den meisten touristischen Destinationen in Lateinamerika geht es vergleichsweise hektisch zu. In der Pampa kannst du erstklassig abschalten und mal den ganzen Reisestress hinter dir lassen.
Auf den ersten Blick wirkt ein schlichtes und ödes Steppengebiet natürlich sehr langweilig. Doch schnell erkennst du den ganz eigenen Charme dieser rustikalen und interessanten Landschaft. Daher gilt es, nicht von einem Hotspot zum anderen zu eilen, sondern die Idylle und Unberührtheit der Natur komplett auf sich wirken zu lassen.
Genug von der Pampa – was jetzt?
Die Pampa ist nicht unbedingt ein Ort, wo man wochenlang ausharren möchte. Allerdings bietet sie sich hervorragend als Durchreisemöglichkeit an. Wenn du beispielsweise von Patagonien aus nach Buenos Aires oder von Uruguay zu den Anden reisen möchtest, sind die Verbindungsstrecken sehr lang und eine Busreise würde über 24 Stunden in Anspruch nehmen.
Daher solltest du dir überlegen, auf der halben Strecke in Puerto Madryn oder einer anderen argentinischen Stadt Halt zu machen und dort ein bis zwei Tage durchzuatmen. Danach geht es dann entspannt weiter zu deinem nächsten Ziel in Südamerika.
Fazit
Ob du als wahrer Tierfreund oder als Durchreisender hier in die Region kommst, dich wird die Größe und die Monotonie schnell in ihren Bann ziehen können. Unter den besten Bedingungen kann man nur ein Naturspektakel vom Feinsten erleben und seine Seele baumeln lassen – ganz fernab von Touristenmassen.
Marvin Erdner