E5 – Der König unter den Fernwanderwegen

E5 – Der König unter den Fernwanderwegen

Egal, ob du dich schon länger mit dem Fernwandern beschäftigst oder dich erst neu an diese beeindruckende und einzigartige Art des Urlaubs herantastest, über einen Namen wirst du immer wieder stolpern: E5.

Diese bezeichnet den nach dem Jakobsweg wohl beliebtesten Fernwanderweg Europas. Er führt dich von Oberstdorf über mehr als 80 Kilometer und zahlreiche Höhenmeter bis nach Meran. Trotzdem gilt der E5 als idealer Einstieg in die Praxis der Alpenüberquerungen zu Fuß. Er ist wandertechnisch nicht besonders schwierig, aber sehr sehenswert. Dieser Artikel verrät dir, worauf du achten musst und was es über die einzelnen Etappen zu wissen gibt.

Bevor es losgeht

Wenn du eine Alpenüberquerung auf der E5 antreten möchtest, dann sind vor allem eine gute und rechtzeitige Planung und die Buchung der jeweiligen Unterkunft unabdingbar.

Da der E5 so beliebt ist und ihn vor allem in den Ferien zahlreiche Menschen begehen, solltest du nach Möglichkeit nicht an einem Sonntag aufbrechen. Achte ebenfalls darauf, dass die von dir geplanten Etappen nicht zu lang sind und du dir vor allem einer Sache immer bewusst bist: Du wirst teilweise in hochalpinem Gelände unterwegs sein und solltest entsprechend vorbereitet sein.

Dazu gehört auch passende Ausrüstung für jedes Wetter. Ein plötzlicher Wintereinbruch in den Bergen kann nie komplett ausgeschlossen werden. Wenn du dies alles beachtest, dann steht deinem Aufbruch ins Abenteuer nichts mehr im Wege.

Etappen des E5

1. Etappe: Oberstdorf – Kemptener Hütte

5 Stunden, Aufstieg: 1100 hm, Abstieg: 50 hm

Deine Wanderung auf dem E5 startet sehr unspektakulär am Oberstdorfer Bahnhof. Anders als bei anderen Fernwanderwegen ist die erste Etappe auf dem E5 ein verhältnismäßig leichter Einstieg. So kannst du dich an das Gewicht des Rucksacks auf deinem Rücken zu gewöhnen.

Der Weg durch den Ort verläuft zunächst einmal fast eben, bevor es dann zur Kemptener Hütte hinaufgeht. Auch dieser Weg präsentiert sich als relativ einfach und nicht übermäßig steil. Nach knapp fünf Stunden erreichst du dann die Kemptener Hütte, deine erste Unterkunft.

2. Etappe: Kemptener Hütte – Memminger Hütte

8,5 Stunden (mit Taxi 5), Aufstieg: 1300 hm, Abstieg: 900 hm

Zweiter Tag deiner Alpenüberquerung, zweites Land. Kurz nach deinem Aufbruch an der Kemptener Hütte verkündet dir ein Grenzstein, dass du dich jetzt in Österreich befindest. Mit diesem Wissen im Rücken schreitest du beschwingt weiter und steigst alsbald in die Tiroler Gemeinde Holzgau ab.

Von hier solltest du das Angebot in Anspruch nehmen, ein Hüttentaxi zu nehmen, denn der Weg führt sehr langweilig an der Straße entlang. So wird dir der Aufstieg zur Memminger Hütte deutlich erleichtert. Hier kannst du deinen Rucksack von der Materialseilbahn nach oben bringen lassen.

Dies kommt dir durchaus zugute, denn der Aufstieg zur heutigen Unterkunft ist steil. Allerdings wirst du mit etwas Glück gleich zweimal entschädigt. Es besteht nämlich eine gute Chance, dass du auf deinem Weg einen oder sogar mehrere Steinböcke zu sehen bekommst und die Hütte selbst ist die Mühe so oder so wert.

Nicht umsonst fällt der Name Memminger Hütte immer dann, wenn die schönsten zehn Hütten in den Alpen aufgezählt werden. Sie liegt traumhaft am Ufer eines klaren Bergsees und ist eingebettet in saftig grüne Almwiesen.

3.Etappe: Memminger Hütte – Zams

5,5 Stunden, Aufstieg: 350 hm, Abstieg: 1800 hm

Der dritte Wandertag zeichnet sich vor allem durch viele und lange Abstiege aus. Dies mag dir zunächst einmal wie eine Wohltat erscheinen, doch diese Art zu wandern ist sehr anstrengend für deine Knie und erfordert hohe Konzentration. Du startest allerdings mit einem steilen, teils sogar stahlseilversicherten Aufstieg hinauf zur Seescharte. Falls Schnee fällt, solltest du äußerst vorsichtig sein.

Aber selbst bei gutem Wetter musst du genau darauf achten, wo du deine Füße hinsetzt. Das ändert sich auch auf dem ersten Stück des Abstiegs nicht – im Gegenteil. Es geht über lockeres Geröll und du solltest unbedingt deine Wanderstöcke zum Einsatz bringen. Nachher wird der Weg flacher und führt sanft abfallend durch Wiesen und schließlich über einen Fahrweg nach Zams hinein.

In dem kleinen Örtchen hast du die Möglichkeit, deine Vorräte und andere nützliche Dinge für den Rest der Tour aufzufüllen. Übernachten kannst du in einer der zahlreichen Pensionen im Ort.

4. Etappe: Zams – Braunschweiger Hütte

7 Stunden, Aufstieg: 1350 hm, Abstieg: 1520 hm

Wie so oft bei Fernwanderwegen, so ist auch auf dem E5 die schönste Etappe gleichzeitig die anstrengendste. Am frühen Morgen hast du erst noch ein bisschen Zeit, wach zu werden. Es geht mit der Seilbahn hinauf zum Gipfel des Venet, bevor du dem Höhenweg über Gogles– und Galflunalm und durch eine tolle Blumenwiese bis hinunter nach Wenns folgst.

Hier steigst du in den Wanderbus, der dich eine knappe Stunde durch das wunderschöne Pitztal kutschiert, bevor du den Aufstieg zur Braunschweiger Hütte antrittst. Dieser führt dich zunächst eben am Bach entlang, danach schraubt er sich in Serpentinen den Berghang empor und fordert dich dabei körperlich durchaus. Allerdings fällt das hinsichtlich der traumhaften Ausblicke auf die umliegende Bergwelt und den Pitztaler Gletscher kaum ins Gewicht.

Du musst jedoch ein wenig aufpassen, da die Markierung des Weges auf dieser Etappe etwas dürftig ausfällt. Die Braunschweiger Hütte ist mit 2708 Metern über dem Meeresspiegel die höchstgelegene Unterkunft auf dem E5. Hier wirst du mit weiteren spektakulären Blicken für deine Mühe entlohnt.

Aussicht Pitztaler Gletscher auf dem E5

5. Etappe: Braunschweiger Hütte – Zwieselstein 

5,5 Stunden, Aufstieg: 300 hm, Abstieg: 1600 hm

Am nächsten Tag geht es erst einmal weiter munter bergan: Das erste Zwischenziel – das Pitztaler Jöchl – liegt auf fast 3000 Metern Höhe. Dieses stellt den Übergang zwischen Pitz– und Ötztal dar. Zwar ist an einigen Stellen der Einsatz der Hände erforderlich, insgesamt ist der Aufstieg jedoch unproblematisch zu bewältigen.

Anschließend führt der Weg bergab bis zum großen Parkplatz am Gletscher, den du möglichst schnell hinter dir lassen solltest. Schöner ist da schon die Löplealm, an welcher du noch einmal eine Rast einlegen kannst. Nun trittst du den restlichen Abstieg ins idyllische Bergdorf Zwieselstein an, was dir die volle Dröhnung Alpenromantik verpasst. Ein sanft gluckender Bach durchschneidet die Wiesen rund um das Dorf und ringsum ragen die schneebedeckten Gipfel in den Himmel.

Landschaft des E5

6. Etappe: Zwieselstein – Moos

7,5 Stunden, Aufstieg: 1050 hm, Abstieg: 1500 hm

Am sechsten Tag deiner Wanderung auf dem E5 geht es zum Einstieg wieder einmal den Berg hinauf. Das erste Ziel ist das Timmelsjoch, auf welchem sich dir ein ungewohnter Anblick bietet: eine große Menge an Urlaubern. Diese bist du jedoch bald schon wieder los.

Der Abstieg vom Timmelsjoch hinab ins Passeier Tal ist eine der schönsten Passagen auf dem ganzen Weg. Er wird gespickt von tollen Tiefblicken und Bergpanorama. Gleichzeitig überschreitest du hier die Grenze nach Italien.

An diesem Tag hast du zwei Möglichkeiten, was die Übernachtung angeht. Entweder bleibst du im Gasthaus Rabenstein oder du wanderst noch eineinhalb leichte Stunden weiter ins Dörfchen Moos und gönnst dir eine weitere Nacht den Luxus einer Pension.

7. Etappe: Moos- Pfandleralm

7 Stunden, Aufstieg: 1050 hm, Abstieg: 600 hm

Von Moos aus wanderst du zum Auftakt der heutigen Etappe erst einmal ein wenig über eine asphaltierte Straße. Diese führt dich in Serpentinen den Berg hinauf. Hast du dies jedoch erst einmal hinter dich gebracht, erwartet dich ein sehr schöner Weiterweg bis zur Pfandleralm. Diese ist eine der schönsten Unterkünfte in ganz Südtirol.

Wir empfehlen dir dringend, einen der hier angebotenen Eisbecher zu probieren – es wird sich garantiert lohnen. Am Abend treten die Tagesurlauber den Abstieg ins Tal an und du hast die Hütte fast für dich allein. Nun hast du alle Zeit und Muße, einen herrlichen Sonnenuntergang über den Bergen zu genießen und den Tag ausklingen zu lassen.

Sonnenuntergang in den Bergen

8. Etappe: Pfandleralm – Meran 

10 Stunden, Aufstieg: 1800 hm, Abstieg: 850 hm

Es soll tatsächlich Wanderer geben, die diese Mammutetappe zum Abschluss des E5 in einem Rutsch erledigen. Wir empfehlen dir jedoch sehr, die Strecke an zwei, vielleicht sogar drei Tagen zu gehen. Die einzelnen Teilabschnitte könnten wie folgt aussehen:

8a) Pfandleralm – Hirzer Hütte

Etwa vier Stunden von der Pfandleralm liegt die gemütliche Hirzer Hütte. Diese bietet sich mit ihrer Sonnenterrasse und den umliegenden Wiesen voller Alpenrosen geradezu als Übernachtungsziel an.

Nach deiner Ankunft kannst du noch entspannt die unmittelbare Umgebung der Hütte ohne jeden Zeitdruck erkunden, was sicher zu der einen oder anderen schönen Entdeckung führt. 

8b) Hirzer Hütte – Meraner Hütte/ Meran

Das zweite Teilstück der letzten Etappe kannst du nach Belieben variieren. Viele Wanderer nehmen mit dem 2781 Meter hohen Hirzer am letzten Tag noch den ersten Gipfel mit. Anschließend folgen sie dann dem sanft abfallenden Wiesenwanderweg am Kratzenberger See vorbei. Hier lockt die Meraner Hütte, welche mitten im Meraner Skigebiet liegt. Dort kannst du noch einmal das Feeling einer Übernachtung in den Bergen erleben, bevor du am nächsten Tag nach Meran absteigst.

Du kannst aber auch von der Kratzenberger Alm mit der Seilbahn ins Tal fahren und direkt den Bus nach Meran nehmen. Wir empfehlen allerdings die erste Variante. Bist du in Meran angekommen, nimm dir ruhig noch einen Tag Zeit. Die Stadt ist mit ihrer Mischung aus alpenländischem und italienischem Flair ebenfalls sehenswert.

Meran Häuser

Fazit

Bei gewissenhafter Vorbereitung und sorgfältiger Planung bietet dir der E5 den idealen Einstieg in die faszinierende Welt des Fernwanderns. Die abwechslungsreichen Wege und tollen Unterkünfte gepaart mit der Möglichkeit, neue Leute kennen zu lernen, machen dieses Erlebnis zu einem absoluten Muss für Wanderfreunde. Allerdings solltest du dich nicht daran stören, auf dem Weg nicht allein zu sein.

 

Valentin Klar

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