Jurassic Coast – die Küstenlinie Südenglands
Die Küstenlandschaft Jurassic Coast, deutsch „Jura-Küste“, erstreckt sich über 150 km von Exmouth in der Grafschaft Devon bis Swanage in Dorset entlang der südenglischen Ärmelkanal-Küste. Sie ist Englands erstes und bislang einziges UNESCO-Weltnaturerbe und auf jeden Fall einen Besuch wert.
Falls dir der Name bekannt vorkommt, liegt das bestimmt an der bekannten Filmreihe Jurassic Park. Die Küstenlinie wurde allerdings nicht nach den Filmen benannt, sondern nach dem Jura-Zeitalter, aus dem ein Großteil der Gesteine stammen. Die Küstenlinie zeigt aber darüber hinaus Gesteine aus drei Zeitaltern und bildet 185 Millionen Jahre Erdgeschichte ab. Die ältesten Gesteine befinden sich im Westen, nach Osten finden sich zunehmend jüngere Felsen.
Wenn du mehr Zeit an der Küste verbringen möchtest und gerne wanderst, ist eine mehrtägige Wanderung entlang des South West Coast Path sehr zu empfehlen. Der längste britische Fernwanderweg erstreckt sich über 1014 km und du kannst so die unglaublich vielfältige Landschaft der Küste erleben. Sowohl Naturliebhaber als auch Geschichts- und Outdoorbegeisterte kommen hier sicher auf ihre Kosten. Der Weg ist gut ausgebaut und markiert, beachte aber, dass es durchaus auch schwierigere Passagen gibt.
Wir stellen dir hier einige sehenswerte Zwischenstopps vor, die du auf deiner Reise besichtigen kannst.
Start im Westen: Orcombre Point und Sidmouth
Wenn du im Westen des South West Coast Path’s startest, dann markiert die Landspitze des Orcombre Point bei Exmouth offiziell den westlichsten Punkt der Jurassic Coast. Das Gestein besteht hier aus rotem Sandstein und Schlamm aus der Trias-Zeit und ist etwa unglaubliche 250 Millionen Jahre alt.
Etwas weiter östlich befinden sich die bekannten roten Klippen von Sidmouth. Hier schimmert selbst das Meer durch abgetragenes Sediment rötlich, ein Blick, den du dir nicht entgehen lassen solltest.
Undercliffs National Nature Reserve
Auf dem Weg nach Lyme Regis ist das Undercliffs National Nature Reserve auf jeden Fall einen Besuch wert. Dieses Naturreservat ist durch einen Erdrutsch entstanden und einer der Orte mit der größten Wildnis in Südengland. Die weiten Wald- und Wiesengebiete zeichnen sich durch eine vielfältige Tier- und Pflanzenwelt aus und sind besonders für Naturliebhaber ein super Zwischenstopp auf der Reise entlang der Küstenlinie.
Lyme Regis: historische Kleinstadt und Fossilienabenteuer
Die historische Küstenstadt Lyme Regis mit ihren rund 4400 Einwohnern ist ein Ort, an dem du auf deiner Reise unbedingt vorbeischauen solltest. Der Grund: Von Natur bis Abenteuer hat Lyme Regis einiges zu bieten.
Die Kleinstadt lädt zu Wassersport wie Segeln und Windsurfen an den schönen Stränden ein. Dabei kannst du die Aussicht an der berühmten Hafenmauer The Cobb bewundern, die zum Schutz der Stadt im 13. Jahrhundert erbaut wurde. Sei dabei aber vorsichtig, denn der Boden ist uneben und es gibt keine Geländer. Halte also vom Rand besser ausreichend Abstand.
Wenn du denkst, Lyme Regis hätte außer Stränden nichts weiter zu bieten, hast du dich getäuscht: die Küstenstadt ist besonders für das Fossilienvorkommen der umliegenden Strände bekannt. Wir empfehlen dir, bei Ebbe einen Besuch auf dem Ammonitenfriedhof am Ende vom Monmouth Beach einzuplanen. Hier kannst du hunderte offenliegende große Ammoniten bewundern.
Fossilienjagd
Wenn du auf eigene Faust nach Fossilien suchen willst, bist du hier genau richtig. Entlang der Jurassic Coast sind auch heute noch Fossilien zu finden, du brauchst nur Zeit, Geduld und etwas Glück, denn die Fossilien liegen meist offen auf der Oberfläche.
Bei der Suche nach Fossilien ist allerdings einiges zu beachten: Nicht an allen Abschnitten der Küste ist dies erlaubt, achte also bitte auf Ausschilderungen und informiere dich im Voraus. Auch ein verantwortungsvoller Umgang mit der Tier- und Pflanzenwelt ist wichtig, und viele Orte haben eigene Regeln für die Suche nach Fossilien.
Für Anfänger ist die Küste zwischen Charmouth und Lyme Regis zu empfehlen. Die Fossilienjagd funktioniert am besten im Winter, da dann mehr Fossilien durch die wetterbedingte Erosion zu finden sind, und es herrscht auch weniger Betrieb. Unabhängig von der Jahreszeit solltest du aber auf jeden Fall auf die Gezeiten Acht geben. Ebbe ist nicht nur besser für die Fossiliensuche, es ist auch sicherer. Falls dich die eigenständige Suche nach Fossilien etwas überfordert, bieten viele Museen und Besucherzentren auch spezielle Führungen an. Wenn du schonmal in Lyme Regis bist, dann statte doch dem Lyme Regis Museum einen Besuch ab. Neben der Führung kannst du hier auch eine Vielzahl von beeindruckenden Fossilien begutachten.
Golden Cap: die Spitze der Küstenlinie
Für eine beeindruckende Aussicht solltest du an der Golden Cap bei Charmouth einen Zwischenstopp einlegen. Die Golden Cap ist mit 191 m über dem Meeresspiegel der höchste Punkt der Südküste. Die dunkelgrauen Gesteinsschichten durchsetzt mit orangenem Gestein und die grüne Landschaft an der Spitze sind einen Aufstieg wert – und du kannst einen weiten Teil der Küste und des Meeres überblicken.
Abbotsbury
Die Ortschaft Abbotsbury ist ein historisches Dorf wie aus dem Bilderbuch. Auf einem einsamen Hügel mit Blick auf Chesil Beach befindet sich die St. Catherine’s Chapel aus dem 14. Jahrhundert, eine kleine Kapelle unter Denkmalschutz, die von Mönchen der Abbotsbury Abtei erbaut wurde. Auch Tier- und Pflanzenliebhaber sollten hier unbedingt vorbeischauen. In den Abottsbury Sub-Tropical Gardens gibt es eine Vielzahl seltener exotischer Pflanzen zu entdecken. Auch ein Besuch in der Abbotsbury Swannery ist ein einzigartiges Erlebnis, ein Schutzgebiet, in dem über 600 Schwäne leben.
Chesil Beach und die Isle of Portland
Chesil Beach, eines der bekanntesten Wahrzeichen der Jurassic Coast, ist eine 29 km lange Kiesbank, die das Festland von Westmouth mit der Isle of Portland verbindet. Nicht nur der Blick von Abbotsbury aus kann dir den Atem verschlagen, auch von nahem kann sich die Landschaft mit zahlreichen alten Steinhäusern durchaus sehen lassen.
Wenn du die Landbrücke überquerst, gelangst du zur Isle of Portland, einer 6,4 km langen und 2,4 km breiten Halbinsel aus Kalksteinfelsen. Die Insel ist für ihr Gestein weltweit bekannt, denn dieses wurde für den Bau zahlreicher berühmter Gebäude wie zum Beispiel der St. Paul’s Cathedral in London verwendet. Viele Steinbrüche kannst du besichtigen, darunter auch der inzwischen stillgelegte Tout Quarry. Dieser ehemalige Steinbruch ist jetzt ein Park voller kunstvoller Steinskulpturen.
Auch sehenswert ist die Aussicht vom Portland Bill Lighthouse sowie ein Besuch der Museen und Leuchttürme. In den natürlichen Gegenden kannst du zudem den Blick auf eine Vielfalt von Tieren und Pflanzen genießen.
Lulworth Cove
Ein Besuch der Lulworth Cove ist bestimmt ein Highlight deiner Reise entlang der Jurassic Coast. Die fast kreisförmige Bucht zeichnet sich durch ihr weißes Gestein und klares blaues Wasser aus. Wenn du gern segelst oder Kayak fährst, bist du hier genau richtig, denn abgesehen von dem wunderschönen Strand gibt es hier auch vom Wasser aus einige einzigartige Orte zu entdecken. Wenn du dich zudem für Lost Places interessierst, dann schau doch im nahegelegenen Tyneham vorbei. Nach einer Massenevakuierung im zweiten Weltkrieg ist dies nun eine Geisterstadt, allein die Kirche wird noch in Stand gehalten. Übrigens gibt es in Großbritannien viele weitere spannende Orte im Bereich Dark Tourism!
Ein Geheimtipp: Stair Hole
Die westlich von Lulworth Cove gelegene kleine Bucht Stair Hole ist weitaus weniger bekannt als die nahegelegene Durdle Door. Sie ist dadurch weniger besucht, aber an Sehenswürdigkeit mangelt es ihr nicht. Die faltig aussehenden Kalksteinschichten, auch Lulworth Crumple genannt, sind hier besonders gut zu sehen.
Bei einem Weg über die Klippen wirst du mit einem atemberaubenden Ausblick über die Bucht und ihre zahlreichen Höhlen belohnt. Diese sind auch mit einem Boot oder Kayak näher zu besichtigen, schau doch zum Beispiel an der Cathedral Cavern vorbei!
Durdle Door: das Wahrzeichen der Jurassic Coast
Eine der bekanntesten und auch eindrucksvollsten Sehenswürdigkeiten der Jurassic Coast ist zweifelsohne die Durdle Door, eine natürliche Felsbrücke aus Kalkstein. Entstanden ist sie wie auch die Lulworth Cove bei der Kollision der afrikanischen und der europäischen tektonischen Platten, aus der auch die Alpen hervorgehen. Dieser Ort ist übrigens eine großartige Kulisse für Fotos!
Old Harry Rocks: das östliche Ende der Jurassic Coast
Bei einer langen Reise entlang des South West Coast Path’s denkst du jetzt vielleicht, alles gesehen zu haben. Aber auch das östliche Ende der Jurassic Coast hat eine atemberaubende Aussicht zu bieten, denn die weißen Kreidefelsen sind mit ihren unebenen Felskanten und Ausbuchtungen eine einmalige Ansicht. An der Spitze befanden sich einst zwei riesige einzelne Kreidefelsen, Old Harry und seine Frau. Heute ist allerdings nur noch Old Harry übrig, denn der zweite Felsen ist leider am Ende des 19. Jahrhunderts zusammengebrochen.
Fazit
Die Jurassic Coast hat eine Vielfalt von spannenden Sehenswürdigkeiten und atemberaubenden Landschaften zu bieten. Eine Reise dorthin lohnt sich besonders, wenn du eine mehrtägige Wanderung unternehmen möchtest, aber auch für kürzere Abstecher auf dem Weg deiner Reise ist die Küstenlandschaft durchaus geeignet. Von Stränden, Klippen und einer vielfältigen Tier- und Pflanzenwelt bis hin zu Geschichte und Fossilienabenteuern ist für jeden etwas dabei.
Wenn du noch mehr Zeit in Südengland verbringen möchtest, dann schau doch noch an anderen interessanten Orten in vorbei. Auch ein Besuch der Landeshauptstadt London lohnt sich auf jeden Fall. Viel Spaß bei deiner Reise!
Lena Steinig