Višegrad – Eine Stadt mit tragischer Vergangenheit
Višegrad ist eine der aufregendsten Ecken von Bosnien und Herzegowina. Die kleine Stadt im Osten des Landes befindet sich in der Entität Republika Sprska und ist nur acht Kilometer von der serbischen Grenze entfernt.
Durch die Stadt fließt der Fluss Drina, der oberhalb des Ortes zu einem Stausee angestaut wird. Der idyllische Ort ist von zahlreichen Bergen umgeben, von denen einige sogar die 1 000 Meter Marke überschreiten. So liegt die Stadt in einem Talkessel am Ende einer Reihe von Schluchten entlang der Drina.
In diesem Artikel verraten wir dir, warum du unbedingt nach Višegrad reisen solltest.
Die Geschichte Višegrads
Gründung und Blütezeit
Leider ist nicht bekannt, wann genau die Stadtgegründet wurde. Erste Aufzeichnungen gibt es erst vom Anfang des 15. Jahrhunderts. Allerdings deuten einige archäologische Spuren darauf hin, dass die Siedlung noch viel älter ist.
Seine Blütezeit hatte Višegrad in den 1570er‑Jahren. Damals wurde die Drinabrücke gebaut. Diese steinerne Brücke wurde von der UNESCO mittlerweile sogar zum Weltkulturerbe ernannt. Mit ihrer Hilfe konnten Handelsbeziehungen mit anderen Ländern eingegangen werden. Vor allem die Route zwischen Sarajevo und Istanbul hat der Stadt einen gewissen Reichtum ermöglicht.
Kulturelle Einflüsse
Im Laufe der Geschichte war Višegrad sowohl Teil des Osmanischen Reichs als auch des Königreichs Österreich‑Ungarn. Deswegen lebten in dieser Stadt jahrelang viele Muslime.
Trotzdem kannst du typisch westliche Elemente finden. Vor allem die Bosnische Ostbahn, die unter der Herrschaft von Österreich‑Ungarn gebaut wurde, fällt darunter. Im Jahr 1928 ist sogar noch eine weitere Strecke hinzugekommen. Dank dieser kannst du heutzutage von Višegrad nach Belgrad fahren.
Kriege
Aufgrund seiner strategisch wichtigen Lage hat Višegrad während des Bosnienkriegs sehr gelitten. Die Stadt stand über einen langen Zeitraum unter Beschuss durch jugoslawische Truppen.
Nachdem die Serben die Oberhand gewonnen hatten, wurde die Region ethnisch gesäubert. Dabei wurden hunderte von unschuldigen Zivilisten getötet. Außerdem wurden die Moscheen zerstört und Häuser von Bosniaken dem Erdboden gleichgemacht.
Auch heute lässt sich in dieser kleinen Stadt noch eine gewisse Spannung verspüren. In den heutigen Tagen haben viele Bosniaken immer noch das Gefühl, die Serben würden das kulturelle Erbe Višegrads für sich beanspruchen.
Das Massaker von Višegrad
Wie bereits erwähnt, wurde die Stadt nach der Übernahme durch die serbischen Truppen ethnisch gesäubert. Dementsprechend kam es zu zahlreichen Kriegsverbrechen an den unschuldigen und am Krieg unbeteiligten Einwohnern.
Insgesamt wurde während der Säuberung ungefähr 3000 Bosniaken das Leben genommen. Darunter befanden sich Frauen und Kinder, der Großteil waren aber Männer. Das macht das Massaker von Višegrad zu einem der grausamsten Verbrechen, das während des Bosnienkriegs begangen worden ist.
Besonders traurig ist, dass dieser Völkermord damit noch kein Ende hatte. Einige Jahre später fand dieser im Massaker von Srebrenica unter Befehl von Ratko Mladić seinen traurigen Höhepunkt.
So kommst du nach Višegrad
Višegrad kannst du von vielen Städten in Bosnien und Herzegowina oder Serbien aus erreichen. Unter anderem gibt es tägliche Verbindungen mit dem Bus von Sarajevo, Banja Luka und Trebinje in Bosnien und Herzegowina sowie von Belgrad, Novi Sad, Niš und Užice in Serbien.
In Sarajevo fahren die Busse vom Busbahnhof Sarajevo‑Lukavica ab. In den anderen Städten finden alle Verbindungen über den normalen Busbahnhof statt. Mit diesen Bussen kannst du ins Zentrum von Višegrad fahren. So sind die verschiedenen Sehenswürdigkeiten fußläufig erreichbar. Die Drinabrücke ist so beispielsweise schnell erreicht.
Natürlich kannst du aber auch mit dem Zug oder dem Flugzeug anreisen. Dafür eignen sich hauptsächlich Sarajevo und Belgrad.
Sehenswürdigkeiten in Višegrad
Drinabrücke
Die Drinabrücke hatte einen großen Einfluss auf den Reichtum von Višegrad. Leider wurde sie während des Ersten Weltkriegs weitestgehend zerstört. Später wurde sie jedoch rekonstruiert und ist seit 2007 offiziell Teil des UNESCO‑Weltkulturerbes. Heute ist der Fortbestand der Brücke allerdings erneut bedroht. Durch die Anstauung der Drina steigt der Wasserstand stetig und gefährdet so die Bausubstanz der Brücke.
Der Name Drinabrücke wird nur umgangssprachlich verwendet. Offiziell heißt sie Mehmed‑Paša‑Sokolović‑Brücke. Sie wurde nach dem Bauherrn Sokollu Mehmed Paša benannt. Aufzeichnungen zufolge wurde sie vom osmanischen Baumeister Sinan erbaut. Der Name Drinabrücke stammt hingegen vom Roman „Die Brücke über die Drina“ vom jugoslawischen Autor Ivo Andrić.
Die Brücke ist ungefähr 180 Meter lang und steigt zur Mitte hin leicht an. Das auffälligste Merkmal der Brücke sind die elf Bögen unterhalb der Brücke. Du kannst die Brücke sogar bequem zu Fuß überqueren. Dabei ist die gesamte Fläche des sieben Meter breiten Übergangs nutzbar. Für Fahrzeuge ist sie nämlich gesperrt.
Andrićgrad
Andrićgrad ist ein kleines Viertel in Višegrad und wird oft als Stadt in der Stadt angesehen. Sie wurde hauptsächlich von Serben erbaut und ist dem bekannten Schriftsteller und Preisträger des Nobelpreises für Literatur Ivo Andrić gewidmet. Im deutschen Raum ist dieses Viertel unter dem Namen Steinstadt bekannt. Der Bau begann im Juni 2011, doch erst im Sommer 2014 durfte die Öffentlichkeit es erblicken.
Die Stadt verfügt über eine einzigartige Mischung aus Stilen der osmanischen und byzantinischen Architektur. Es finden sich aber auch Spuren der Renaissance. Zu den wichtigsten Sehenswürdigkeiten zählen das Rathaus, das Theater und die Kirche des Heiligen Lazar.
Außerdem befinden sich in dem Viertel überall Bilder von bedeutenden serbischen Persönlichkeiten wie Tesla, Princip, dem namensgebenden Andrić und Njegoš. Ursprünglich wurde das Viertel für die Verfilmung des Romans „Die Brücke über die Drina“ erbaut.
Falls du nach einer anstrengenden Sightseeingtour Lust auf etwas Entspannung hast, kannst du in den Straßen von Andrićgrad einige Cafés, Restaurants und Bars finden.
Das Viertel hat eine besondere Verbindung zum serbischen Küstendorf Drvengrad. Der Regisseur Emir Kusturica hat zwar beide Städte geplant, es gibt jedoch einen ganz wesentlichen Unterschied. Drvengrad besteht im Gegensatz zum circa 25 Kilometer entfernten Andrićgrad nicht aus Stein. Stattdessen wurde für seine Erbauung überwiegend Holz verwendet.
Kloster Dobrun
Das Kloster Dobrun liegt ungefähr zwölf Kilometer östlich von Višegrad und ist daher ein hervorragendes Ziel für einen kleinen Ausflug. Du findest es in der Schlucht des Flusses Rzav, in der Nähe der Grenze nach Serbien.
Es ist Jungfrau Maria gewidmet und erbaut wurde es gegen Mitte des 14. Jahrhunderts von Herzog Pribil und seinen beiden Söhnen.
Fazit
Višegrad ist ein aufregendes Reiseziel. Die Stadt kann auf eine lange Geschichte zurückblicken. Seine Kultur wurde vor allem von den Osmanen und Habsburgern beeinflusst. Da sie eine sehr alte Stadt ist, ist hier auch schon eine Menge passiert.
Plane deine nächste Reise unbedingt nach Višegrad, wenn du mehr über Geschichte und Kultur lernen willst oder die berühmte Steinstadt erkunden möchtest.